Astrologie im SRF-Programm delegitimiert die SRG

Marko KovicBlog12 Comments

Offener Brief an SRG-Generaldirektor Roger de Weck

Sehr geehrter Herr de Weck

Die Medienlandschaft der Schweiz befindet sich gegenwärtig in einem Umbruch, der krisenhafte Züge hat. Manch ein Medienunternehmen steht vor grossen Herausforderungen, denn das Internet stellt bisherige Geschäftsmodelle in Frage und führt zu einem Wandel der Nutzungsgewohnheiten.

Im Zusammenhang mit dieser aktuellen Problematik widerfährt der SRG Fundamentalkritik, etwa in Form des Vorschlages, die SRG zu einem «Content Provider» ohne eigene Kanäle zu reduzieren, um dadurch privaten Medienunternehmen entgegenzukommen. Als Generaldirektor der SRG kämpfen Sie gegen solche Kritik an und führen dabei gute Argumente ins Feld: Die SRG leistet im Sinne ihres Leistungsauftrags einen wichtigen, nicht ohne Weiteres ersetzbaren Beitrag für den vernunftgeleiteten öffentlichen Diskurs in der Schweiz.

Nun gibt es einen bestimmten Programminhalt bei SRF, der diesem hohen Anspruch nicht nur nicht gerecht wird, sondern, so meinen wir, die Legitimität der SRG an sich ein Stück weit erodiert: Astrologie.

Astrologie ist eine Lehre, die, erstens, behauptet, zwischen Konstellationen astronomischer Objekte und der Lebenswelt von Menschen bestünde ein Zusammenhang, der sich, zweitens, in Form von Prognosen für Individuen und Gruppen vorausschauend deuten lasse. Astrologie hält einer wissenschaftlichen Prüfung nicht Stand1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17.

SRF unterhält zwei Sendungen zu Astrologie: «Madame Etoile Horoskop» bei Radio SRF 3 und «Horoskop» bei Radio SRF Musikwelle. Im Kontrast dazu: Bei den SRF-Radiokanälen gibt es nur eine einzige Sendung, welche sich der Wissenschaft widmet, nämlich das Wissenschaftsmagazin auf Radio SRF 2.

Radio SRF Horoskop

Bei Radio SRF ist somit das Astrologie-Angebot breiter als das Wissenschaftsangebot. Diesen Umstand empfinden wir als heikel. Wir schlagen folgende Massnahmen als mögliche Lösungen vor:

  • Die Astrologie-Sendungen bei Radio SRF werden gestrichen und die frei werdende Sendezeit wird mit wissenschaftsbezogenen Inhalten gefüllt.
  • Falls die Astrologie-Sendungen beibehalten werden, wird zu Beginn und am Ende jeder Ausgabe der betroffenen Sendung eine Erklärung abgegeben, dass Astrologie wissenschaftlich widerlegt ist und somit reine Fiktion ohne Realitätsbezug darstellt.

Wir erachten die erste Lösung als die bessere. Wissenschaftsberichterstattung auf Radio SRF 3 und Radio SRF Musikwelle würde dazu beitragen, ein breites Publikum mit Themen rund um Wissenschaft in Berührung zu bringen. Dass solche Berichterstattung auch unterhaltenden Charakter haben kann, ist selbstverständlich.

Wir freuen uns auf Ihre Antwort und verbleiben mit bestem Gruss

Vorstand Skeptiker Schweiz

Quellen

Autor

  1. Allum, N. (2011). What Makes Some People Think Astrology Is Scientific? Science Communication, 33(3), 341–366. doi:10.1177/1075547010389819 []
  2. Dahlstrom, W. G., Hopkins, D., Dahlstrom, L., Jackson, E., & Cumella, E. (1996). Mmpi findings on astrological and other folklore concepts of personality. Psychological Reports, 78(3c), 1059–1070. doi:10.2466/pr0.1996.78.3c.1059 []
  3. Fichten, C. S., & Sunerton, B. (1983). Popular Horoscopes and the “Barnum Effect”. The Journal of Psychology, 114(1), 123–134. doi:10.1080/00223980.1983.9915405 []
  4. Glick, P., Gottesman, D., & Jolton, J. (1989). The Fault is not in the Stars Susceptibility of Skeptics and Believers in Astrology to the Barnum Effect. Personality and Social Psychology Bulletin, 15(4), 572–583. doi:10.1177/0146167289154010 []
  5. Hamilton, M. (2001). Who believes in astrology?: Effect of favorableness of astrologically derived personality descriptions on acceptance of astrology. Personality and Individual Differences, 31(6), 895–902. doi:10.1016/S0191-8869(00)00191-4 []
  6. Hartmann, P., Reuter, M., & Nyborg, H. (2006). The relationship between date of birth and individual differences in personality and general intelligence: A large-scale study. Personality and Individual Differences, 40(7), 1349–1362. doi:10.1016/j.paid.2005.11.017 []
  7. Rogers, P., & Soule, J. (2009). Cross-Cultural Differences in the Acceptance of Barnum Profiles Supposedly Derived From Western Versus Chinese Astrology. Journal of Cross-Cultural Psychology, 40(3), 381–399. doi:10.1177/0022022109332843 []
  8. Saklofske, D. H., Kelly, I. W., & McKerracher, D. W. (1982). An Empirical Study of Personality and Astrological Factors. The Journal of Psychology, 110(2), 275–280. doi:10.1080/00223980.1982.9915349 []
  9. Silverman, B. I., & Whitmer, M. (1974). Astrological Indicators of Personality. The Journal of Psychology, 87(1), 89–95. doi:10.1080/00223980.1974.9915676 []
  10. Stachnik, T., & Stachnik, B. (1980). Acceptance of non-specific astrological personality descriptions: an empirical demonstration. Psychological Reports, 47(2), 537–238. []
  11. Steyn, R. (2011). Astrological Signs and Personality Differences. Journal of Psychology in Africa, 21(3), 493–494. doi:10.1080/14330237.2011.10820488 []
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  13. Tyson, G. A. (1982). Why people perceive horoscopes as being true: A review. Bulletin of the British Psychological Society, 35, 186–188. []
  14. Van Rooij, J. J. F. (1994). Introversion-extraversion: astrology versus psychology. Personality and Individual Differences, 16(6), 985–988. doi:10.1016/0191-8869(94)90243-7 []
  15. Ward, R. A., & Grasha, A. F. (1986). Using Astrology to Teach Research Methods to Introductory Psychology Students. Teaching of Psychology, 13(3), 143–145. doi:10.1207/s15328023top1303_11 []
  16. Wunder, E. (2003). Self-attribution, sun-sign traits, and the alleged role of favourableness as a moderator variable: long-term effect or artefact? Personality and Individual Differences, 35(8), 1783–1789. doi:10.1016/S0191-8869(03)00002-3 []
  17. Wyman, A. J., & Vyse, S. (2008). Science Versus the Stars: A Double-Blind Test of the Validity of the NEO Five-Factor Inventory and Computer-Generated Astrological Natal Charts. The Journal of General Psychology, 135(3), 287–300. doi:10.3200/GENP.135.3.287-300 []

12 Comments on “Astrologie im SRF-Programm delegitimiert die SRG”

  1. Andererseits müssen die öffentlichen Sender doch auch das bringen was diejenigen möchten, die den Spaß bezahlen, oder?

    1. Das ist durchaus ein wichtiges Argument. Dazu sollten aber, denke ich, unterschiedliche Aspekte bedacht werden:
      – Die Orientierung an unmittelbarer Publikumspräferenz, also an Einschaltquoten, gehört nicht zum formalen Leistungsauftrag der SRG (vgl. http://metro.srgssr.ch/de/auftrag/im-detail/)
      – Es sind mir keine Daten zur Frage bekannt, wer genau Astrologie in welcher Form bei SRF tatsächlich möchte.
      – Wie bei allen Themen rund um Angebot und Nachfrage wäre denn auch zu klären, ob das Bedürfnis nach Astrologie bei SRF eine Art „Konditionierungseffekt“ ist, weil man über SRF überhaupt erst in Kontakt mit Astrologie kommt oder den Eindruck erhält, Astrologie sei seriös.
      – Auch wenn es ein reales Bedürfnis nach Astrolgie bei SRF gäbe, stellt sich aus journalismusethischer Perspektive die Frage, ob Astrologie wider besseres Wissen als funktionierende Methode dargestellt werden soll.

      Grüsse

  2. Sehr geehrter Herr Kovic, darf ich Sie als eine Person ansprechen, die sich mit Astrologie befasst hat, oder sind Sie einer von denen, die über Dinge urteilt, von denen er keine Ahnung hat? Ich nehme zweiteres an: ein seriöser Astrologe (und dazu gehört Frau Kissling absolut) mach nichts anderes, als die Naturgesetze, sprich den Kosmos in archetypischer Reaktion auf den Menschen zu beobachten und zu kommentieren. Die Astrologie hat nichts mit Wahrsagerei oder Esoterik zu tun, sie ist eine jahrtausend alte Wissenschaft, die es zu erlernene einiges an Wissen benötigt! Es ist schon etwas nervig, dass diese Tatsache auch bis 2015 noch nicht zum letzten Zweifler oder Plauderer vorgedrungen ist. Gerade C.G.Jung ( ich weiss nicht , ob Sie mit ihrern ausländischen Wurzeln wissen, wer das ist?) war einer der grössten Astrologen und hat gesagt: die Astrologie ist die grosse Schwester der Psychologie! Es wäre schön, wenn Sie in ihrem Gremium Themen bearbeiteten, die wenigstens Hand und Fuss haben und es unterlassen würden, Dinge anszuprangern, von denen sie keine Ahnung haben.

    1. Nein, Astrologie war nie Wissenschaft und wird auch nie eine sein. »Seriöse Astrologen« sind ein Widerspruch in sich. Wenn sich Astrologen als Psychologen aufspielen wollen, warum betreiben – also lernen – sie nicht direkt Psychologie?

      »( ich weiss nicht , ob Sie mit ihrern ausländischen Wurzeln wissen, wer das ist?)«

      Wenn Astrologieanhänger ihre Religion angegriffen fühlen, bleibt ihnen selten etwas anderes als persönliche – in diesem Falle auch noch ausländerfeindliche – Anfeindungen. Das ist eine typische und in Ihrem Falle eine sehr ekelerregende Reaktion.

  3. Sehr geehrter Herr Kovic
    Die SRF-Radiohörer sind mündig und können selber darüber urteilen, was als glaubwürdig gilt und was nicht. Dafür brauchen wir in der Schweiz weder Gesetze, noch Verordnungen und schon gar keine Vereine die sich darum kümmern.

  4. Liebe Frau Maurer
    Ihre Replik zeigt geradezu beispielhaft den Stil, den die esoterische Parallelgesellschaft im Umgang mit ihren Kritikern pflegt. Herrn Kovic aber Kompetenzen aufgrund seines „ausländischen“ [sic!] Namens abzusprechen, ist dann aber schon ein starkes Stück.

  5. Sehr geehrte Frau Maurer
    „Seriös?“ „Wissenschaft?“ „Naturgesetze“? „nichts mit Wahrsagerei oder Esoterik zu tun“? Ich fürchte, Sie verwechseln hier Astrologie mit Astronomie. Kleiner aber wichtiger semantischer Unterschied.

  6. Frau Maurer, man kann es doch einfach prüfen. Dazu ist in dem Artikel eine ganze Anzahl von wissenschaftlichen Quellen aufgeführt.
    Astrologie ist keine Wissenschaft, weil sie nicht die entsprechenden Merkmale und Methoden aufweist, insbesondere stellt sie keine falsifizierbaren Aussagen auf. Das wird aber verschleiert, indem im Nachhinein immer neue Ad-hoc-Erklärungen dafür aufgestellt werden, dass es nicht funktioniert hat, übrigens genau wie bei der Homöopathie.
    Und wenn es dann doch mal zufällig passt, wird das als Beleg verwendet.
    Bei mir hat das Verständnis dieser Immunisierungstechniken und ihrer Verführungskraft und Hinterlistigkeit den letzten Schubs getan hin zum Skeptiker.
    Sie versuchen dann noch das Autoritätsargument, indem Sie auf den bedeutenden Psychologen C.G.Jung verweisen. Aber großartige Leistungen auf einem Gebiet schützen nicht vor Irrtümern bei anderen Gebieten, und nicht einmal auf dem Spezialgebiet. So hat Newton auch Alchemie betrieben.

  7. Pingback: Astrologen raus aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk! @ gwup | die skeptiker

  8. Hallo Herr Kovic

    Zitat aus dem Offenen Brief:
    „Die SRG leistet im Sinne ihres Leistungsauftrags einen wichtigen, nicht ohne Weiteres ersetzbaren Beitrag für den vernunftgeleiteten öffentlichen Diskurs in der Schweiz.“

    Natürlich verteidigt Herr de Weck sein Gärtchen und „vernunftgeleitet“ wirkt da halt seriös. Aber schliesst diese Aussage andere Beiträge der SRG zu weniger vernünftigen Themen etwa aus? Einer der Punkte im Leistungsauftrag ist die Unterhaltung, ein anderer das Kulturschaffen. Beide bieten viel Raum für das Unvernünftige des limbischen Systems.

    Die SRG als reiner Content Provider: Das klingt nach einer dieser TISA-Ideen. Das Problem und auch die Lösung sehe ich aber schon im Umfang des Pflichtenheftes. Das ist momentan noch aufgeblasen.

    Ich erlaube mir hier mal, die SRG zu skizzieren, so wie ich sie mir wünsche:

    – Beim Sendeprogramm beschränkt sich der Leistungsauftrag auf das Notwendigste: News, Bildung, Politik, öffentliche Sicherheit, Wetter.

    – Maximal 1 staatlicher Radio- und 1 TV-Sender pro Sprachregion: DE, FR, IT, RM.

    – Das Volk entscheidet, ob und wie weit Sport, Unterhaltung und Kulturelles auch Teil des Auftrags sein und damit über die Steuer finanziert werden soll.

    – Die SRG wird durch die Bundessteuer, durch Werbung und durch die Vermietung der freigewordenen Infrastruktur finanziert.

    – Eine Idee wäre auch Untertitel für die jeweils anderen drei Sprachversionen. Automatische Sprachübersetzung ist ja inzwischen technisch machbar.

    Als Vorteile sehe ich:

    – Die Bundessteuer steigt zwar für alle leicht, dafür wird der Grossteil der Steuerzahler durch den Wegfall der Radio- und
    TV-Gebühren finanziell entlastet. Die Kaufkraft steigt.

    – Auch wer selten Staats-Radio hört oder -TV schaut, zahlt über die Bundessteuer nur ein Minimum. Das ist gerechter als heute.

    – Vereinfachung der Finanzierung und des Inkassos

    – Da die Gebührenpflicht entfällt, brauchen sich Radio-/TV-Empfänger nachhaltig nicht mehr an- und abzumelden.

    – Der Ärger der Konsumenten wegen den Billag-Gebühren entfällt, das Schummeln und die Kontrolle auch.

    – Die Zufriedenheit der heutigen Gebührenzahler steigt.

    – Das Übersetzungsfeature vereinfacht das Sprachenlernen und fördert das sprachlich-kulturelle Verständnis.

    – Die Stimmbürger entscheiden über den emotional belegten Punkt „Kultur“.

    – Private Medien freuen sich über den gewonnen Spielraum.

    – Der Wald freut sich über weniger gefällte Bäume und es gibt weniger Altpapier/Abfall.

    – Das neue SRG-Konzept ist schlank und bleibt krisensicher.

    Und als Nachteile:

    – In der Übergangsphase müssen sich einige Mitarbeiter der SRG-Angestellte und der Billag eine neue Stelle suchen.

    – Die Papierhersteller verkaufen etwas weniger Papier, die Post verschickt ein paar Millionen Briefe (Rechnungen, Mahnungen) weniger pro Jahr, die Recycling-Industrie und die Kehrichtverbrennungsanlagen erhalten etwas weniger Material.

    – Sehen Sie weitere?

  9. Astrologen machen gern schwammige, nichtsagende Aussagen….wenn sie sich mal nicht daran halten……
    In den „Kreuzlinger Nachrichten“ erfrecht sich Astrologin Pia Steiner am Tag der Charlie Hebdo Anschläge „vorauszusagen“ dass sich 2015 Islamisten und Rechtsradikale [sic!] zusammenschliessen und ein Blutbad unter Europas Regierungen anrichten. Dazu phantasiert sie noch von einem Super-Gau in einem französischen Kernkraftwerk.
    http://kn.zehnder.ch/eweb/kn/2015/01/08/KN/9/

  10. Äussers fragwürdig auch das evangelikal-esotherische Lebenshilfe vermittelnde „Fenster zum Sonntag“.

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