Antwort auf den offenen Brief zu Astrologie bei SRF

Marko KovicBlog6 Comments

Am 6. Januar haben wir einen offenen Brief an SRG-Generaldirektor Roger de Weck gerichtet, in welchem wir den Umstand, dass Radio SRF zwei Astrologiesendungen unterhält, beklagen.

Am 9. Januar hat SRF-Direktor Rudolf Matter auf unseren offenen Brief geantwortet. Wir danken Herr Matter ganz herzlich, dass er sich dafür Zeit genommen hat. Hier seine Antwort:

Sehr geehrter Herr Kovic,
sehr geehrte Mitglieder des Vorstands „Skeptiker Schweiz“,

gerne beantworte ich Ihren Offenen Brief an Generaldirektor Roger de Weck; er hat Ihre Mail an mich als Verantwortlichen der SRF-Programme weitergeleitet.

Da ich Ihre Meinung, dass Astrologie einer wissenschaftlichen Prüfung nicht standhalte, nachvollziehen kann, erstaunt es mich, dass Sie kurze Gespräche zur Sterndeutung, je einmal wöchentlich auf SRF 3 und SRF Musikwelle, doch in Aufregung versetzen können. Selbstverständlich sind es Beiträge ohne wissenschaftlichen Anspruch, zwei von zahlreichen unterhaltenden Elementen im Laufe einer Woche in zwei Radioprogrammen, die neben ihrem Musikangebot Informationsinhalten sehr viel Sendezeit widmen. Einem Skeptiker empfehle ich auf SRF 3 gerne Peter Schneiders unterhaltende Rubrik „Die andere Presseschau“.

Grotesk falsch und ohne jede Grundlage ist Ihre Behauptung, bei Radio SRF sei das Astrologie-Angebot breiter als das Wissenschaftsangebot. Dazu ein paar Fakten: Die Wissenschaftsredaktion von SRF hat im Jahr 2014 rund 550 Radiobeiträge zu Wissenschaftsthemen produziert, insgesamt mehr als 63 Stunden, nicht nur für das Wissenschaftsmagazin auf SRF 2 Kultur und SRF 4 News, sondern auch für die Informationsformate, die zu den besten Sendezeiten auf allen unseren Radiokanälen laufen. Zusätzlich werden Beiträge der Wissenschaftsredaktion auch als einzelnes Sendungselement eingesetzt, regelmässig auch in den Programmen von SRF 1 und SRF 3, in Summe sind es je 30 Stunden jährlich. Im Vergleich dazu scheinen mir ein paar wenige Stunden astrologischer Unterhaltung im Jahr durchaus vertretbar.

Freundliche Grüsse
Ruedi Matter

Zu Herr Matters Antwort möchten wir ein paar Dinge anmerken:

  • «Grotesk falsch und ohne jede Grundlage» sei die Behauptung, bei Radio SRF sei das Astrologie-Angebot breiter als das Wissenschaftsangebot. In unserem offenen Brief beziehen wir uns aber nicht auf die Summen der Sendeminuten, welche einem der Themen zukommen, sondern auf die absolute Anzahl Sendungen, welche sich einem der zwei Themen widmen.
  • Herr Matter sagt, die Astrologie-Sendungen seien «Beiträge ohne wissenschaftlichen Anspruch». Dann wäre einer der Lösungsvorschläge, welche wir in dem offenen Brief machen, leicht umsetzbar: Ein Hinweis zu Beginn und am Ende jeder ausgestrahlten Astrologie-Sendung, wo eben dies explizit betont wird. Eine der betroffenen Astrologinnen bei den SRF-Astrologie-Sendungen, Monika Kissling, erhebt nämlich recht deutlich den Anspruch, Astrologie sei mehr als nur Unterhaltung1. Wenn die Astrologie-Sendungen nicht explizit als Fiktion markiert sind, besteht die Gefahr, dass die Hörerinnen und Hörer den Eindruck erhalten, Astrologie bei Radio SRF sei mehr als realitätsferne Unterhaltung.
  • Herr Matter trivialisiert das Problem. Es geht nicht darum, dass «ein Skeptiker» sich «aufregt», weil etwas nicht genehm ist. Es geht um die Frage, was für Inhalte in welcher Form von der SRG angeboten werden sollen. Die SRG generiert Legitimität dadurch und nur dadurch, dass sie in ihren Programmen bestimmte Ideale verwirklicht. Unterhaltung kann und soll dabei durchaus ihren Platz haben. Wenn aber Programmelemente, die zum Zwecke der Unterhaltung geführt werden, in direktem Widerspruch zu Wissenschaft stehen, sollte, so meinen wir, dem Kriterium der Wissenschaftlichkeit Vorrang vor dem Kriterium der Beliebtheit gebühren.

Unsere im dritten Punkt beschriebene Ansicht, dass Wissenschaftlichkeit lexikalischen Vorrang vor Unterhaltung haben sollte, wird von den SRF-Verantwortlichen offenbar nicht geteilt. Dann ist es aber unfair, dass nur Astrologie Sendeplätze erhält und andere, ähnlich gut belegte Lehren nicht. Darum schlagen wir abschliessend und mit einem Schmunzeln ein paar weitere Sendungen vor, bei denen «ein paar wenige Stunden» Sendezeit pro Jahr eigentlich auch «durchaus vertretbar» sind2.

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Quellen und Fussnoten

Autor

  1. http://www.madameetoile.ch/de/Dienstleistungen/Astrologie []
  2. Quellen der verwendeten Bilder:
    https://www.flickr.com/photos/davefayram/3736299179
    https://www.flickr.com/photos/nationalmediamuseum/2781039056/in/photostream/
    https://www.flickr.com/photos/24354425@N03/15057465589 []

6 Comments on “Antwort auf den offenen Brief zu Astrologie bei SRF”

  1. Pingback: Astrologen raus aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk! @ gwup | die skeptiker

  2. Ich hätte auch noch ein paar Vorschläge:
    – Die Weissagungen des Nostradamus
    – Bleigiessen mit Madame Sylvester
    – Die Hexenkräuterküche
    – Orakeln mit SRF
    – etc.

  3. Pingback: Astrologie ist „Unterhaltung“, glauben auch nur die verantwortlichen Programmchefs @ gwup | die skeptiker

  4. Ich schlage noch „Rain dance – choreografische Wettereinflussnahme leicht gemacht“ jeweils gleich im Anschluss an „Meteo“

  5. Wie ich kürzlich mit Freude und Genugtuung erfahren habe, hat SRF3 nun endlich diese unsägliche Sternentante per Ende Juli 2016 in die Wüste geschickt. Hat sie ja sicher schon länger aufgrund der ungünstigen Konstellationen kommen sehen 😉

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