skeptisCH – Folge 38: Replikation in der Wissenschaft

Tobias FüchslinBlog, PodcastLeave a Comment

In Folge 38 von skeptisCH widmen wir uns im Fokus-Schwerpunkt dem Thema «Replikation in der Wissenschaft». Replikationen von Studien sind aus wissenschaftstheoretischer Sicht zentral und haben in der modernen Wissenschaft dennoch einen schweren Stand. Marko und Tobi durchleuchten das Wissenschaftssystem und diskutieren, woran das liegen und was man dagegen tun könnte.

Fokus: Replikation in der Wissenschaft

Wer sich auch nur oberflächlich mit Wissenschaftstheorie auseinandergesetzt hat, dem wird klar, dass Replikationen ein essentieller Teil einer funktionalen Wissenschaft sein müssen. Befunde aus einzelnen Studien mögen plausibel oder sogar erwartet worden sein, jedoch verlangt es die Sorgfalt, dass man kritisch bleibt und versucht sie zu reproduzieren.

Wer erwartet, dass die Wissenschaft immer so sorgfältig vorgeht, der täuscht sich: Ein Grossprojekt replizierte über 100 Studien aus der psychologischen Experimentalforschung. Die Befunde waren ernüchternd; über die hälfte der Studienresultate konnten nicht repliziert werden. Dies wirft die Frage auf, wieso so viele Studien “fehlerhaft” waren und warum solche Replikationsstudien nicht häufiger durchgeführt werden?

Die möglichen Ursachen, weswegen einzelne Studien zu falsch-positiven Resultaten kommen können, sind vielfältig und komplex. Mathematisch-statistische Gründe, Publication Bias, Researcher Degrees of Freedom und das System der Peer-Review sind nur einige mögliche Faktoren. Dass trotzdem so wenige Replikationen durchgeführt werden, wird erklärt sowohl durch fehlende Anreize im Wissenschaftssystem und bei den Forschern selber, sowie durch Unterschiede zwischen den Wissenschaftsdisziplinen. Die vielversprechendsten Lösungen für diese «Replikationskriese» liegen wohl in von Oben gesetzten Anreizen und durch einen erhöhten Fokus auf Transparenz bei der Durchführung von Studien.

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News

100 Sekunden Wissen – oder eher 100 Sekunden Humbug?

Die Sendung 100 Sekunden Wissen von Radio SRF 2 durchleuchtet ein Thema vielfältig und doch sehr kompakt. Ein schönes Format, um das Allgemeinwissen auf Vordermann zu halten. Doch in der weihnachtlichen Folge zur Mistel wird die vermeintlich krebsheilende Wirkung von Mistelpräparaten angesprochen, ohne dabei auf fehlende Wirkungsnachweise zu verweisen. Nach Meinung des Podcasts, eine unangebrachte journalistische Herangehensweise.

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Das Ende der hochgejubelten «Power Pose»

Das US-Amerikanische Forscherteam um Amy Cuddy, Dana Carney und Andy Yap hat 2010 in einer aufmerksamkeitserregenden Studie herausgefunden, dass das Einnehmen von dominanten und kraftvollen Körperposen (sog. Power Poses) positive psychologische und physiologische Effekte nach sich zieht. So wird man etwa risikofreudiger und steigert die eigenen Testosteronwerte. Amy Cuddy hat die spannenden Befunde sogar in einem TED-Talk präsentiert.

Im März 2015 publizierten Ranehill et al. eine Replikation dieser «Power Pose»-Studie. Die Resultate, welche auf einer viel grösseren Stichprobe beruhen, finden keinen der physiologischen Effekte aus der ursprünglichen Studie. Das einzige, was bleibt, ist dass «Power Poser» sich auch stärker fühlen. Ein Befund, der das damalige mediale Vorgehen von Amy Cuddy und Kollegen in Frage stellt.

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Skeptische Empfehlungen

Marko empfiehlt: Buch «Nudge»

Markos skeptische Empfehlung ist das Buch «Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt» (http://www.amazon.de/Nudge-Wie-kluge-Entscheidungen-anst%C3%B6%C3%9Ft/dp/3430200814). Das Buch aus dem Bereich der Verhaltensökonomie trägt wissenschaftliche Befunde zusammen, die aufzeigen, wie man Personen eher dazu bewegen kann, gewisse Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Dabei wird, wie in der Verhaltensökonomie unbestritten, von den Menschen als begrenzt rationale Wesen ausgegangen.

Tobi empfiehlt: Buch «Think Like a Freak»

«Freakonomics» ist ein Begriff, den viele irgendwo schon einmal gehört haben. Zu Recht! Die zwei Ökonomen hinter den Büchern und Podcasts nutzen ihre (verhaltens-)ökonomische und wissenschaftliche Denkweise, um sich unterschiedlichster gesellschaftlicher Fragen anzunehmen. Es resultieren interessante Denkanstösse und ungehörte Perspektiven auf interessante Sachverhalte.
Das neuste Buch «Think Like a Freak: Andersdenker erreichen mehr im Leben» (http://www.amazon.de/Think-like-Freak-Andersdenker-erreichen/dp/357050168X) von Steven D. Levitt und Stephen J. Dubner ist daher Tobias’ aktuelle Empfehlung.

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